Die genialsten Erfindungen sind oft die einfachsten. Wie das Wobbelboard. Das Wobbelboard ist eigentlich nur ein Stück gebogenes Holz. Doch sobald man es auf den Boden legt und ein Kind in der Nähe ist, passiert es: Das Board zieht Kinder aus allen Altersstufen erst an wie ein Magnet. Und dann, dann erwacht es zum Leben.

Zauberei? Nein, Fantasie! Es ist die einfache und doch ausgeklügelte Bogenform des Balanceboards, die die Neugierde weckt und Platz lässt für die unendliche kindliche Vorstellungskraft.


Photo credits: @_panry_

Das erste Aufeinandertreffen von Kind und Wobbelboard ist deshalb immer das spannendste. Ich liebe es. Man sieht förmlich das Fragezeichen über dem Kinderkopf. „Was ist das?“ denkt es – und beginnt auch schon das unbekannte Spielobjekt zu entdecken. Man kann darauf stehen und wippen, ok… Man kann es umdrehen und drüberlaufen, oder als Autobahnbrücke benutzen, cool! Ah, und wenn ich es ans Sofa lehne, kann ich runterrutschen, jeiii!

So entstehen unendlich viele Spielmöglichkeiten, die den Gleichgewichtssinn schulen und die Selbstwahrnehmung und verschiedenste Muskelgruppen trainieren. Mit dem Wobbel wird es nie langweilig, außerdem muss man ihn nicht aufräumen, weil er auch im Wohnzimmer schön aussieht. Das alles macht den Wobbel meiner Meinung nach zum vielleicht besten Spielgerät der Welt.

In der Waldorfpädagogik weiß man schon lange, wie wichtig Balancierübungen und Spiele für die Entwicklung von Kindern sind. Als ich die Erfinder Hannelore und Wouter einmal auf einem Wobbel-Treffen in Nürnberg traf und fragte, wo sie sich kennenlernten, war ich deshalb nicht überrascht, als sie mit erzählten, dass ihre Kinder die selbe Waldorf-Kindertagesstätte besuchten.

Hannelore ist Mutter von drei Kindern. Für ihren jüngsten Sohn suchte sie im Jahr 2015 ein Balanceboard, wie sie es aus den Waldorf-Kursen für Kleinkinder kannte. Denn ihr dreijähriger Junge hatte bei der motorischen Entwicklung ein paar Schwierigkeiten.

„Mein ältester Sohn hatte dieselben Probleme“, erzählte Hannelore kürzlich in einem Interview. „Beide sind nicht gekrabbelt als sie jünger waren. Babys beginnen mit etwa 9 Monaten zu krabbeln und da sie beide Hände benötigen, um vorwärts zu kommen werden die rechte und linke Gehirnhälfte trainiert. Meine Söhne krabbelten aber nie. Sie stellten sich gleich hin und begannen zu laufen, das hatte Auswirkungen auf ihre Entwicklung.“

Mit einem Balanceboard, da war sich Hannelore sicher, könnte sie ihrem Sohn helfen. Nur fand sie keines.

Über einen Facebook-Aufruf suchte sie Hilfe und traf so auf Wouter – einen früheren Skateboard-Bauer und Vater einer Freundin ihrer Tochter. Zufall. Er bot ihr an ein Balanceboard, wie sie es sich vorstellte zu bauen.

Und so war der Wobbel geboren.

Mehrere Schichten aus Buchenholz geben dem Wobbel seine Flexibilität, die wunderschönen Beschichtungen aus buntem Filz oder Kork das unverkennbare Aussehen.

Die beiden Niederländer haben das Balanceboard also nicht erfunden, aber sie haben die Idee weiterentwickelt und über den Kreis der Waldorf-Kenner hinaus bekannt gemacht.


Photo credits: Baby, Kind und Meer.

Und nicht nur das: Hannelore und Wouter haben einen Hype ausgelöst. Innerhalb von 9 Minuten waren ihre ersten Wobbelboards ausverkauft. Wochen vor Weihnachten waren so gut wie keine Boards mehr verfügbar. Kinder auf der ganzen Welt, in mehr als 35 Ländern, „wobbeln“ heute. Aber auch Erwachsene lieben das Balanceboard. In Amsterdam wurde zum Beispiel das international erfolgreiche Wobbel-Yoga erfunden.

Aber warum sind alle verrückt nach Wobbel?

Der Slogan der niederländischen Firma, „It´s not just a curve“ trifft, wie ich finde ins Schwarze. Denn sobald man sieht, wie Kinder den Wobbel in ein Piratenschiff auf stürmischer See verwandeln und später mit einer Decke darauf kuscheln und wie in einer Hängematte schaukeln, versteht man:

Das ist wirklich nicht einfach nur ein Stück gebogenes Holz. Das ist irgendwie vielleicht doch ein bisschen Zauberei.

Liebe Grüße, eure Sylvia